Schulschwänzen für den guten Zweck? Oder: “Haltung” statt Wissen?
Schulschwänzen für den guten Zweck? In einem Gymnasium in Deggendorf – so im jüngsten Spiegel zu lesen – gab der Schulleiter bekannt, dass die für „Friday-Klima“ ausgefallene Schulzeit in Form von ‚Diskussionen über das Klima‘ nachgeholt werden sollte. Wie das in Koblenz gehandhabt wird, wird die AfD in Stadt und Land erfragen. Die Schule sollte auf das Leben vorbereiten. Es ist zu bezweifeln, dass Bäcker, Busfahrer und Verfahrensmechaniker ihre Demo-Aktivitäten mit Diskussion im Betrieb ausgleichen können. Hoffen wir nicht, dass Busfahrer bereits am Montag auf wilde Demo-Ideen kommen – übrigens insbesondere im Hinblick auf unsere Schüler, die erwarten sicher und pünktlich zu ihren Schuldiskussionen transportiert zu werden.
Es kann sein, dass der Klimawandel – über den menschengemachten Anteil muss und darf gestritten werden – das Zukunfts- oder gar Schicksalsthema sein wird, vielleicht aber auch die Themen Migration oder Digitalisierung. Grundsätzlich ist zu begrüßen, dass sich Schüler mit diesen Themen auseinandersetzen, allerdings nach einer soliden und ideologiefreien Wissensvermittlung im Unterricht, die einen vernünftigen Austausch verschiedener Meinungen erst ermöglicht.
Wer im Anschluß für seine Meinung noch auf die Straße gehen will, ist in einer Demokratie herzlich willkommen, sollte das aber in seiner Freizeit machen. Angesichts der „Friday-Klima“-Bilder beschleicht einen jedoch der Eindruck, dass in vielen Schulen die richtige „Haltung“ längst über das Wissen triumphiert, und sie zu fast allem berechtigt, nicht nur zum Schulschwänzen. Mutig, der anders denkt und sich schwungvollen Haltungen nicht einfach anschließen will.
Als Schüler wäre mir die Wahl zwischen dem Pauken von Latein-Vokabeln und einem Marsch für dies und das übrigens einfach gefallen. Schulleitungen sollten dringend aufpassen, dass nicht Vorfeldorganisatoren und Lautsprecher linker Parteien ihr Spiel mit dem Aktivismus treiben und Schülern schlichte parteipolitische Positionen – als „richtige Haltung“ daherkommend – als alternativlos verkauft werden. Die mittlerweile von vielen Seiten mit guten Argumenten angefochtene Diesel-Hysterie, die eine auf wackligen Beinen stehende Grenzwert-Hysterie ist, aber dramatische Folgen für unsere Wirtschaft und damit für das Leben von Pendlern und Arbeitnehmern hat, sollte mahnendes Beispiel sein. Joachim Paul, Stadtrat und MdL